Pia Janke & Teresa Kovacs (Hg.): Der Gesamtkünstler. Christoph Schlingensief

Das Buch Der Gesamtkünstler. Christoph Schlingensief, das im November 2011 erschien, ist die erste umfassende wissenschaftliche Darstellung von Schlingensiefs Theaterarbeiten. Die Beiträge analysieren Schlingensiefs Vernetzung der Künste, die Prozesshaftigkeit seiner Arbeiten sowie die Grenzüberschreitung von Fiktion und Realität, von Kunst und Leben, von Bühne und öffentlichem Raum. Auch Schlingensiefs Strategien, latente gesellschaftliche Konflikte zum Vorschein zu bringen, sowie die Mechanismen der öffentlichen Erregungen werden untersucht. Ein Abschnitt des Buches befasst sich mit den Zusammenarbeiten zwischen Jelinek und Schlingensief und enthält auch Auszüge der hier im Blog veröffentlichten Interviews und Statements.
Mit Beiträgen u.a. von Evelyn Annuß, Stefanie Carp, Evelyn Deutsch-Schreiner, Diedrich Diederichsen, Susanne Gaensheimer, Dorothee Hartinger, Carl Hegemann, Irm Hermann, Susanne Hochreiter, Elfriede Jelinek, Veronica Kaup-Hasler, Peter Kern, Dietrich Kuhlbrodt, Matthias Lilienthal, Bärbel Lücke, Joachim Lux, Gerald Matt, Monika Meister, Katharina Pewny, Claus Philipp, Paul Poet, Christian Reder, Christoph Schlingensief, Franziska Schößler, Georg Seeßlen, Armin Thurnher, Jörg van der Horst, Thomas Wördehoff.

Pia Janke & Teresa Kovacs (Hg.): Der Gesamtkünstler. Christoph Schlingensief. Wien: Praesens Verlag 2011 (= DISKURSE.KONTEXTE.IMPULSE. Publikationen des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums 8). (ISBN 978-3-7069-0667-8)

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Elfriede Jelinek: „Die Permutationen, zahllose, könnten auch mich enthalten“

Ich kann nicht mehr kontrollieren, ob ich in etwas, in dem ich nicht mehr vorkomme, noch vorhanden bin oder schon ganz weg. Aber selbst, wenn ich ganz verschwunden wäre, wäre das ein wunderbares Gefühl, das ich gar nicht beschreiben kann. Und vielleicht liegt in diesem Nicht-Beschreibenkönnen die Lehre des Künstlers, der alles Beschriebene und Beschreibende ablehnen muß, um sich in Stellung zu bringen, das Gewehr im Anschlag. War das ein Lärm? Nein, das kann man dann nicht mehr sagen, wenn man den Schuß hört. Möglicherweise wäre das ein Vorhandensein: ein sehr lauter sehr kurzer Augenblick, der dann aber definiert werden könnte, doch nicht von mir, mich gibt es ja nicht mehr. Denn von außen geht schon einmal gar nichts in dieser Kunst, in der alles nach außen drängt und nach außen hin zu sehen ist. Die Permutationen, zahllose, könnten auch mich enthalten, wenigstens die eine oder andre davon, aber sie enthalten mich nicht. Sie sind ich, weil ein andrer Ich gesagt hat.

aus: Elfriede Jelinek: Schlingensief. In: http://a-e-m-gmbh.com/wessely/fschlings.htm, datiert mit 1.6.2010 (= Elfriede Jelineks Homepage, Rubriken: Aktuelles, zur Kunst).

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Gerald Matt: „Schlingensief war insbesondere auch ein bildender Künstler“

Gerald Matt ist seit 1996 Direktor der Kunsthalle Wien. Im Interview spricht er über Elfriede Jelinek und Christoph Schlingensief als politische KünstlerInnen sowie über das Verhältnis der beiden zueinander. Er betont Schlingensiefs Bedeutung innerhalb der bildenden Kunst. Die Wahrnehmung seiner Arbeiten außerhalb des Theaterkontexts sei von zentraler Bedeutung für die zukünftige Rezeption seines Werks.

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Armin Thurnher zur medialen Rezeption Jelineks und Schlingensiefs

Sowohl auf Elfriede Jelinek als auch auf Christoph Schlingensief reagierte die Öffentlichkeit oftmals mit Skandalisierungen. Armin Thurnher, Journalist und Autor, ist Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung Falter und Mitbegründer des Falter-Verlags. Im Interview spricht er über Mechanismen der Skandalisierung in der (österreichischen) Medienlandschaft und das Verhältnis der beiden KünstlerInnen zu den Medien.

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Claus Philipp zu Jelinek und Schlingensief

Claus Philipp, der mehrere Projekte Christoph Schlingensiefs begleitete, spricht über Elfriede Jelineks Präsenz in Schlingensiefs Arbeiten sowie über Schlingensiefs Umgang mit der Künstlerin selbst. Er gibt Einblicke in Schlingensiefs Arbeitsweise der konstanten (Selbst-)Überforderung und in deren Bedeutung für den kreativen Prozess.

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Elfriede Jelinek: „Damit ich VON MIR endlich fortkomme!“

Ich habe nun nicht mehr die Möglichkeit zu erfahren, was die Verschiedenheit der Ansätze, seiner und meiner, ausmachen könnte, denn meine sind ja gar nicht mehr da. Das Andere, das vom Künstler Geschaffene, ist da. Aber ohne mich. Aber mit mir. So wie man sagt, wenn man bei etwas nicht dabeisein will: Ja, mach das, aber ohne mich! Ich kann auch nicht die Permutationen, die zwischen meinen Texten und dem, was aus ihnen in Schlingensiefs Händen wird, indem es: nicht wird, definieren oder auch nur fassen und eingrenzen. Ich kann nicht, wie bei anderen Regisseuren sagen: Das habe ich so und so gemeint, aber der macht ja was ganz andres draus! (aus genau diesen hier sehr vage ausgeführten Gründen würde ich eben genau das nicht sagen, denn es soll ja etwas ganz andres draus werden, nicht, damit ich fortkommen, sondern damit ich VON MIR endlich fortkomme!).

aus: Elfriede Jelinek: Schlingensief. In: http://a-e-m-gmbh.com/wessely/fschlings.htm, datiert mit 1.6.2010 (= Elfriede Jelineks Homepage, Rubriken: Aktuelles, zur Kunst).

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Nikolaus Bachler über Jelinek und Schlingensief

Nikolaus Bachler, der als Direktor des Wiener Burgtheaters Projekte zwischen Jelinek und Schlingensief initiiert hat, antwortet auf die Frage, welche Parallelen es zwischen Jelinek und Schlingensief gibt. Er sieht Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede zwischen den beiden Persönlichkeiten in ihrem Umgang mit Medien und künstlerischen Ausdrucksformen.

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Veronica Kaup-Hasler zu Jelinek, Schingensief und Ready-made

Veronica Kaup-Hasler ist Dramaturgin und seit 2006 Intendantin des steirischen herbstes. 2008 setzte Christoph Schlingensief im Rahmen des steirischen herbstes seine Installation „The  African Twintowers“ um. Mit Christian Schenkermayr spricht Kaup-Hasler über mediale und künstlerische Verfahrensweisen von Elfriede Jelinek und Christoph Schlingensief sowie darüber, inwieweit der Begriff des Ready-made für die ästhetischen Verfahrensweisen von Bedeutung ist.

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Elfriede Jelinek: „Der Lärm war schon“

Ich sehe doch längst, daß es kein Lärm mehr ist, sondern etwas Gestaltetes, das aber mit der ursprünglichen Lärmquelle, meinem Text, so wie er gedacht war, nichts mehr zu tun hat! Indem dieser Künstler das in die Hand nimmt, was ich geschrieben habe, ist es etwas anderes geworden. Und am Ende braucht er es gar nicht mehr, und hätte ich ein ganzes Stück für ihn geschrieben, es muß nicht mehr da sein, weil es auf andre Weise DA und definiert ist, aber so, daß man nicht mehr fragen kann: Ist das ein Lärm. Der Lärm war schon, jetzt ist es eine Projektion auf den Animatographen, auf den man allerdings alles projizieren kann, und man selbst, ist man dabei, verschwindet darin spurlos. Es ist also zuerst etwas da, das verschwindet. Und es ist etwas nicht da, was hergeholt wird. Aber trotzdem weg ist.

aus: Elfriede Jelinek: Schlingensief. In: http://a-e-m-gmbh.com/wessely/fschlings.htm, datiert mit 1.6.2010 (= Elfriede Jelineks Homepage, Rubriken: Aktuelles, zur Kunst).

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Georg Seeßlen zur Kunst Jelineks und Schlingensiefs

Georg Seeßlen ist Filmkritiker und -historiker, Autor und Semiotiker. In seiner Laudatio Mein idealer Künstler zurzeit beschreibt er Christoph Schlingensief als einen Künstler, der seinen Vorstellungen davon, was Kunst heute können, dürfen und wollen soll, ideal gerecht wird. Mit Christian Schenkermayr spricht er in diesem Zusammenhang über künstlerische Parallelen zwischen Elfriede Jelinek und Christoph Schlingensief.

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Dietrich Kuhlbrodt über Parallelen zwischen Jelinek und Schlingensief

Dietrich Kuhlbrodt wirkte als Darsteller in Filmen wie Hundert Jahre Adolf Hitler, Das deutsche Kettensägenmassaker, United Trash und Mein zwanzigstes Jahrhundert mit. Auf der Bühne trat er unter anderem in Monsterdämmerung, ATTA ATTA – Die Kunst ist ausgebrochen, Bambiland und Attabambi – Pornoland auf.

Im Interview mit Christoph Kepplinger und Teresa Kovacs spricht er über Parallelen der künstlerischen Verfahrensweisen Schlingensiefs und Jelineks.

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Aus Elfriede Jelineks Essay „Schlingensief“

Meine Sätze, die wenigen, die er verwendet hat, sind aber auf andre Weise wirksam geworden als Theatertexte, die von einem Regisseur realisiert werden. Sie haben etwas zugelassen, was aber („zulassen“, schon das Wort kann bedeuten, daß der Stier sich auf die Kuh stürzt, oder daß etwas erlaubt wird) gleichzeitig, in diesem Prozess, gezeigt hat, daß es sich dabei um etwas anderes handelt. Man weiß aber nicht, was handelt und was das Andere ist, um das es sich handeln könnte. Ich kann nur von außen herumsprechen, als würde man ein Stück Brot von den Rändern her aufessen, indem man ringsherum abbeißt, bis es weg ist.

aus: Elfriede Jelinek: Schlingensief. In: http://a-e-m-gmbh.com/wessely/fschlings.htm, datiert mit 1.6.2010 (= Elfriede Jelineks Homepage, Rubriken: Aktuelles, zur Kunst).

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INTRO – ZUM ABSCHLUSS

Im letzten Teil des Blogs, im Juni 2011, stellen wir Meinungen und Ansichten von KulturmanagerInnen, Theaterleuten, WissenschaftlerInnen und JournalistInnen zu den Zusammenarbeiten zwischen Jelinek und Schlingensief vor. Neben Statements zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden der beiden KünstlerInnen werden auch Parallelen der ästhetischen Ansätze beschrieben.

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Stefanie Carp zu Schlingensiefs Umgang mit Jelineks Texten und Ready-made

Stefanie Carp ist Dramaturgin und seit 2008 Schauspieldirektorin der Wiener Festwochen. Mit Christian Schenkermayr spricht sie aus dramaturgischer Sicht über Christoph Schlingensiefs Umgang mit Elfriede Jelineks Texten, und überlegt, inwieweit der Begriff des Ready-made für die beiden KünstlerInnen von Bedeutung ist.

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Carl Hegemann zu Schlingensiefs Umgang mit Jelineks Texten

Carl Hegemann war langjähriger Wegbegleiter Christoph Schlingensiefs und bei vielen seiner Projekte dramaturgisch tätig. Im Interview mit Christian Schenkermayr spricht er über Schlingensiefs Umgang mit Jelineks Texten, unter anderem mit Tod-krank.Doc bei der Arbeit an Mea Culpa, sowie über das Verhältnis der beiden KünstlerInnen.

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Bärbel Lücke: In der Hölle der Angst – Elfriede Jelineks Text „Tod-krank.Doc (für Christoph Schlingensief)“: Vier kleine Stücke bilden ein großes Hieronymus Bosch-artiges Tafelbild

1. Zwei Vorbemerkungen
Die erste betrifft die Textvorgeschichte. Anfang 2008 wurde bei Christoph Schlingensief, der mit Elfriede Jelinek durch ein langjähriges Arbeits- und Freundschaftsverhältnis verbunden war, Lungenkrebs diagnostiziert. Ein Lungenflügel musste operativ entfernt werden, es folgten Chemotherapie und schließlich neue Metastasen auf dem verbliebenen Lungenflügel. Von Anfang an hat Christoph Schlingensief seine Krankheit ins Zentrum seiner Kunst gestellt: Im Sommer 2008 mit dem szenischen Bericht Der Zwischenstand der Dinge im Berliner Maxim Gorki-Theater und im Herbst mit dem Fluxusoratorium Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir bei der Ruhrtriennale in Duisburg. Im selben Jahr noch schreibt Elfriede Jelinek für den dritten Teil der Trilogie, die ReadyMadeOper Mea Culpa ihr aus vier Teilstücken bestehendes Stück Tod-krank.Doc und schenkt es ihm. Als das Stück im März 2009 am Wiener Burgtheater aufgeführt wird, enthält der Text der Oper nur ganz wenige Zeilen aus dem Jelinek-Stück: Schlingensiefs Oper ist, was sie ihrer Genre-Bezeichnung „ankündigt“ – eine Collage aus vielen Text-Fertigteilen in Anlehnung an Marcel Duchamps Readymades. Sie besteht aus drei „Akten“ mit vielen Schauplätzen auf einer Drehbühne mit vielen medialen Codireungen und Überlagerungen und ebenso aus collagierten Musikstücken, die das Bühnenspektakel erst zur „Oper“ machen.
Die zweite Vorbemerkung gilt dem Text Jelineks und seinen Teil-Inszenierungen (bei Schlingensief, obgleich vom Text ja nur „eine Wortdosis knapp über der Promillegrenze“ [Weinzierl, Ulrich: Das Vollkommene, hier wird’s Ereignis. Christoph Schlingensiefs Bühnengesamtkustwerk „Mea Culpa“ rührt und überzeugt am Wiener Burgtheater. In: Die Welt, 22.3.2009] verwendet wurde, und bei Karin Beier). Wie schon aus dem Titel des Aufsatzes ersichtlich, besteht das Stück, eine Art Todes(angst)reigen, also ein zyklischer Text, aus vier in sich abgeschlossenen und doch über bestimmte Motive eng aufeinander bezogenen bzw. miteinander verzahnten Teilstücken. Auch wenn Jelinek diesen Text dem todkranken Schlingensief widmete oder zueignete (sicherlich getreu ihrem Motto: Machen Sie was Sie wollen), werden die Teilstücke hier unabhängig von der Schlingensief’schen „Oper“ betrachtet werden. Auch die Bühnenfassung des zweiten Teilstücks Im Bus durch Karin Beier innerhalb ihrer Inszenierung von Das Werk/Im Bus/Ein Sturz am Schauspiel Köln 2010/11 wird nicht näher berücksichtigt werden. Alle vier Teilstücke werden hier als Lesetexte behandelt, als Prosastücke, was sie der Form nach ja auch sind (es sei denn, man betrachtet sie ihrer inneren Struktur nach als Monologe, Polyloge, Einpersonenchöre o.ä). Was Jelineks Teilstücke miteinander verbindet, könnte man thematisch-pauschal als jeweils den Einbruch einer Katastrophe bezeichnen – der die philosophische Frage von Kontingenz (als das Nicht-Notwendige, nicht Unmögliche, kurz des Zufälligen) einschließt –, die entweder das Leben schlagartig verändert (In der Krankheit), zum völlig unvorhersehbaren Unfalltod führt (Im Bus), es auf grausame Weise durch Missbrauch und Gewalt über lange Zeit beherrscht (Im Keller) oder auf qualvollste Weise mit der unmittelbaren Angst vor dem Tod konfrontiert (In der Hölle). Immer auch geht es um Täter- und/oder Opfer-Sein, das Ringen um oder die erzwungene Preisgabe von Autonomie, um Schuld und Schicksal bzw. Kontingenz (s.o.) und Verantwortung, Leben und Tod – es geht um all diese Polarisierungen, deren Entgegensetzung durch harte Grenzziehungen vielleicht zuallererst preisgegeben werden müssen. Und immer ist es vor allem auch die Inhalt-Form-Dichotomie, die erst in der Auflösung ihrer Opponierung die Begegnung mit dem Text – das Ereignis des Textes – ermöglicht. Weiterlesen

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Pressestimmen zur „Mea Culpa“-Uraufführung

Die Genrebezeichnung passt genau. Schlingensiefs „ReadyMadeOper“ collagiert in der Tat „objets trouvés“, Fundstücke aus dem kollektiven kunsthistorischen Gedächtnis, ein munter durcheinander gewirbeltes Zitatenlexikon unserer Kultur – sei’s das biblische Buch Kohelet, „Prediger Salomo“, das die Nichtigkeit der Nichtigkeiten verkündet, sei’s Elfriede Jelinek, die Schlingensief zu Ehren den Text „Tod-krank.Doc“ verfasste. Wie üblich verwendete er davon nur eine Wortdosis knapp über der Promillegrenze. Ebenso sind Goethe samt „Faust“ und mephistophelischer Katerweisheit („die Welt, sie steigt und fällt“) sowie Joseph Beuys in Schlingensiefs privater Walhalla gern gesehene Gäste. Letzterer, von ihm einst als fünfter Evangelist rekrutiert, ist wohl der ästhetische Pate des Abends. Denn der entspricht bis ins Detail den Anforderungen der von Beuys propagierten „sozialen Skulptur“ – eine multimediale Assemblage aus tönenden, bewegten, dreidimensionalen Bildern in einer vollgerümpelten rotierenden Kulissenstadt. Der bedenkenlos plündernde Gesamtkunstwerker Schlingensief inszeniert nicht Bühnenfiguren, sondern uns, die Zuschauer und deren Gefühle.

 aus: Ulrich Weinzierl: Das Unvollkommene, hier wird’s Ereignis. In: Die Welt, 22.3.2009.

Er nennt das Stück eine „ReadyMadeOper“. In drei Akten werden fertige Versatzstücke aus Literatur und Philosophie (etwa aus Nietzsches „Die fröhliche Wissenschaft“, Goethes „Faust“ oder Texte von Elfriede Jelinek, Derek Jarman, Leonard Cohen, Boris Groys, Slavoj Žižek u.a.) sowie Videobilder und Musik zu einem theatralen Memento mori zusammengeschmolzen. Der erste mit „ein Bild aus dem Jenseits ins Hier“ überschriebene Akt ist noch am ehesten der Schlingensief, wie wir ihn kennen: Auf der von Janina Audick mit Türmen, Fassaden, Zimmer [sic!], Nischen, Torbögen aufwendig gestalteten Drehbühne ziehen die Stationen des Dramas vorbei. Joachim Meyerhoff als Alter Ego von Schlingensief erfährt zusammen mit seiner Verlobten (Fritzi Haberlandt) von seiner Krankheit. Auf der Suche nach verschiedenen Heilungsorten und unterschiedlichen Heilungsmöglichkeiten führt uns das Stationendrama durch eine vielgestaltige Menschengemeinde von einem Speisesaal eines freakigen Ayurveda-Zentrums, deren Hausdichterin (Irm Hermann) und Direktorin (Margit Carstensen) kein Vers und kein Heilsversprechen dumm genug erscheinen, um ihre Geschäfte zu machen, über eine Kathedrale samt Krippenspiel bis hin zur afrikanischen Hütte mit Voodoo-Zauber. Auf einer vernagelten Bretterbude steht geschrieben „wegen Unsterblichkeit geschlossen“, der Sarg davor muss leer bleiben. Die gewaltige Szenerie wird zusammengehalten durch die Musik des Komponisten Arno Waschk. Aus Schubert, Bach, Mahler und immer wieder Wagner – „Parsifal“ und „Tristan“ – hat er, unterstützt vom Orchester Viva Musica Festival Orchestra Bratislava und vom Chor der Universität Wien, ein stets elegisch vibrierendes, suggestives Klanggebäude errichtet.

 aus: Patric Blaser: Der Tod soll bitte noch eine Zeit lang warten. In: Die Furche, 26.3.2009.

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Katharina Pewny über Jelinek und Schlingensief

Katharina Pewny ist Theater-, Tanz und Performancetheoretikerin. In ihrer Forschung befragt sie zeitgenössische Theaterarbeiten nach ihren ästhetischen Verfahrensweisen. Im Rahmen des vom Elfriede Jelinek-Forschungszentrum veranstalteteb inderdisziplinären Symposiums Der Gesamtkünstler. Christoph Schlingensief (6.-10.4.1011) hielten Katharina Pewny und Evelyn Deutsch-Schreiner den Vortrag „Avant-garde! Marmelade! Avant-garde! Marmelade!“. Schlingensief in der Tradition der Avantgarde, in dem sie Schlingensiefs Arbeit in Bezug auf die  Avantgarden des 20. Jahrhunderts untersuchten.

Im Gespräch mit Christian Schenkermayr sprach sie über die Bedeutung Elfriede Jelineks und Christoph Schlingensiefs für das Theater der Gegenwart sowie über Ähnlichkeiten und Unterschiede der künstlerischen Verfahrensweisen der beiden KünstlerInnen.

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Mea Culpa – Eine ReadyMadeOper

Szenenfotos aus Christoph Schlingensiefs ReadyMadeOper Mea Culpa. Burgtheater Wien, 20. März 2010.

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